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Immobilienkredit vorzeitig kündigen: Möglichkeiten und Kosten

Wird ein Immobilienkredit mit Zinsbindung durch den Kreditnehmer vorzeitig gekündigt, darf die Bank eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Abhängig vom Zinsumfeld kann die Entschädigung durchaus ein Fünftel der verbliebenen Kreditsumme ausmachen. Unter welchen Umständen sind Kündigungen möglich und welche Kosten fallen konkret an?

Immobilienkredite mit Zinsbindung können nach Ablauf von zehn Jahren ab dem Tag der vollständigen Auszahlung durch den Kreditnehmer kostenfrei gekündigt werden – auch wenn eine über zehn Jahre hinausgehende Zinsfestschreibung vereinbart wurde. Werden nach der Auszahlung der Sollzins oder der Tilgungssatz neu vereinbart beginnt die Zehnjahresfrist neu.

Immobilienkredit mit berechtigtem Interesse kündigen

Abgesehen von diesem ordentlichen Kündigungsrecht des Kreditnehmers gemäß §489 BGB besteht ein Anspruch auf die Kündigung eines Immobilienkredits vor Ende der Zinsbindungsfrist grundsätzlich nur bei einem „berechtigten Interesse“. Ein solches liegt vor, wenn die mit dem Kredit finanzierte bzw. im Grundbuch belastete Immobilie veräußert wird oder die darlehensgebende Bank einen weiteren Immobilienkredit (z. B. zur Finanzierung von Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen) verweigert.

Erfolgt eine Kreditkündigung aus einem berechtigten Interesse heraus gelten für die Bemessung der Vorfälligkeitsentschädigung Regeln und Vorgaben. So müssen Banken als kalkulatorischen Wiederanlagezins die Umlaufrenditen für Pfandbriefe verwenden, Vorteile aus reduzierten Risiken berücksichtigen und bei der Festlegung der Entschädigung unterstellen, dass der Kreditnehmer alle ihm zustehenden, vertraglich vereinbarten Möglichkeiten zu Sonderzahlungen vollständig ausgeschöpft hätte.

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Vorfälligkeitsentschädigung berechnen

Kreditnehmer können sich an Verbraucherzentralen wenden und bei diesen gegen eine Gebühr in der Größenordnung von 50,00 bis 100,00 Euro die für ihren Vertrag realistische Vorfälligkeitsentschädigung ausrechnen bzw. die aufgerufene Entschädigung der Bank überprüfen lassen. Im Internet finden sich einige Rechentools, die eine kostenlose Orientierung ermöglichen.

Ein Rechenbeispiel: Ein am 31. Oktober 2009 vollständig ausbezahlter Immobilienkredit wurde mit einer zehnjährigen Zinsbindung ausgestattet. Der gebundene Sollzins beträgt 5,00 Prozent und die Monatsrate 500 Euro monatlich. Nach der Hälfte der Zinsfestlegung soll der Kreditvertrag gekündigt werden. Zu diesem Zeitpunkt beträgt die verbliebene Restschuld 100.000 Euro.

Eine realistische Größenordnung für die Vorfälligkeitsentschädigung in dieser Konstellation liegt bei ca. 18.800 Euro. Die Bank errechnet bei der Kalkulation mit einem Wiederanlagezins von 0,72 Prozent einen Zinsschaden in Höhe von 20.150 Euro und verlangt zusätzlich eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 100,00 Euro. Im Gegenzug werden dem Kreditnehmer 250,00 Euro für reduzierte Risiken, 700,00 Euro Margenerstattung und 500,00 Euro Verwaltungskostenersparnis „gutgeschrieben“.

Richtwert: 15 bis 20 Prozent des offenen Kreditsaldos

Im obigen Zahlenbeispiel wurde die Monatsrate recht niedrig angesetzt. Beträgt sie statt 500,00 beispielsweise 1.000,00 Euro reduziert dies die Vorfälligkeitsentschädigung gemäß dem zugrundeliegenden Schema auf 15.700,00 Euro. Neben niedrigen Kreditraten führen auch lange (unkündbare) Restlaufzeiten und große Zinsdifferenzen zwischen der Pfandbriefrendite und dem vereinbarten Kreditzins zu tendenziell höheren Entschädigungen.

Wird ein Immobilienkredit ohne berechtigtes Interesse gekündigt darf die Bank die Entschädigung nach billigem Ermessen festlegen. Dann sind auch Entschädigungen deutlich über einem Fünftel de verbliebenen Kreditsumme üblich. Der aus einer Umschuldung erhoffte Vorteil wird in jedem Fall zu mehr als 100 Prozent neutralisiert – selbst wenn das günstigste Angebot am Markt gewählt wird.

Widerrufen statt kündigen bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung

Einige Kreditnehmer können auf eine rechtliche Schwäche ihrer Kreditverträge hoffen: Ein erheblicher Teil der existierenden Verträge weist Mängel bei der Widerrufsbelehrung auf, die dadurch rechtlich betrachtet als ungültig eingestuft wird. Kreditnehmer können dazu bei spezialisierten Rechtsanwälten oder (deutlich kostengünstiger) bei Verbraucherzentralen Auskünfte einholen. Ist die Widerrufsbelehrung ungültig kann ein Kredit ohne Kosten für den Kreditnehmer widerrufen werden.

Im Kontext eines historisch niedrigen Zinsniveaus scheint die Vorgabe für neu abgeschlossene Immobilienkredite klar: Je länger die Zinsbindung, desto besser – ganz so einfach ist es nicht. Tatsächlich kommt der über zehn Jahre hinausgehende Teil einer Zinsbindung durch das ordentliche Kündigungsrecht einer einseitigen Option zugunsten des Kreditnehmers gleich. Doch diese muss durch einen Aufschlag auf den Zinssatz während der gesamten Laufzeit bezahlt und deshalb sorgfältig abgewogen werden.

Ein nützliches Entscheidungskriterium ist der Verlauf der Zinskurve. Die Zinskurve gibt den Zusammenhang zwischen Zinssatz und Dauer der Zinsbindung an. Der Laufzeitbereich, nach dem die Kurve stark ansteigt eignet sich häufig als Zinsbindungsfrist.

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